Zu Fuß in Graz
  • Kontakt Datenschutz Impressum
  • Über uns
Allgemein

Terror

by Erwin Lauppert Oktober 27, 2025 No Comments

Schon mehr als vier Monate ist es her, dass es zum grässlichen Terrorakt im Grazer Gymnasium Dreierschützengasse kam. Die wahren Hintergründe des Täters werden wohl verborgen bleiben. Drei Jahre sind jetzt seit dem Hamas Angriff auf jüdische Grenzsiedlungen am Gaza-Streifen mit 1500 Toten und Geiseln vergangen. Für die einen ein brutaler unmenschlicher Terrorakt, für andere der Verzweiflungsschrei geknechteter Menschen. Und es waren nicht die einzigen Terror-Fälle in den letzten Jahren. Seit dem wie immer, unser Metier ist der Straßenverkehr. Hier ist sachlich gesehen täglicher Terror geradezu selbstverständlich. Nicht mehr wie vor 50 Jahren zwei- bis dreitausend Tote jährlich in Österreich, nur mehr drei- bis vierhundert, aber immerhin noch täglich ein Mensch, dazu unzählige Verletzte. Ergebnis von Gleichgültigkeit, Unachtsamkeit, Leichtsinn oder sogar bewusste Inkaufnahme von Menschenleben um des Zeitgewinns von ein paar Minuten wegen. Alles in allem hundertmal oder sogar tausendmal mehr Opfer als durch Terror-Akte. Warum fürchten sich so viele Menschen vor Terror, aber kaum jemand auf die Straße zu gehen?

Neben diesen akuten Menschenopfern gibt es im Straßenverkehr auch sozusagen legitimierte Opfer. Der Bau von Autobahnen und Schnellstraßen bedeutet vorhersehbar für die Anwohner gesundheitsschädlichen Lärm, gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung wie Feinstaub und damit kürzere Lebenserwartung.

Neben all diesem terrorartigem Geschehen gibt es noch den gelegentlichen „Gegenterror“, das Aufbäumen von Menschen gegen die im oder durch den Straßenverkehr geschaffene Situation, wie unlängst die Aktionen „der letzten Generation“.

Bei so viel faktischem Terror kann es interssant sein einmal in die gute alte Zeit zu schaun: Wie war es beispielsweise vor einenhalb Jahrhunderten? Gab es Frieden oder war Terror etwa alltäglich?

Dazu ein kleiner Artikel aus der Grazer sozialdemokratischen Zeitung „Arbeiterwille“ aus dem Jahre 1892

Erwin Lauppert, 27.10.2025

Die Propaganda der That

Arbeiterwille, Graz, 9.7.1892

Berichte über stattgefundene anarchistische Attentate bildete vor kurzer Zeit ein ständiges Capitel in den bürgerlichen Zeitungen, ausführliche Detailmalerei wurde geliefert, um das Grausige noch schrecklicher und den ängstlichen Philister, der schon nicht mehr ohne Dynamit beim Frühstück leben kann, noch banger zu machen und ihn für etwaige Ausnahmegesetze zu präparieren.

Auch die Socialdemokraten nehmen Stellung gegen die Attentate , und mit Recht; die bürgerlichen Schriftsteller aber haben kein Recht über die Verletzung oder Ermordung Unschuldiger zu jammern, sie die ganz trocken und ohne Entrüstung die verschiedenen Nachrichten bringen, daß z.B in einem Bergwerke ebenso unschuldige Menschen , Männer, Frauen und Kinder durch die Sparsamkeit und Geldsucht der Besitzer ums Leben gekommen, dass fortwährend unschuldige Menschen von Maschinen ohne Schutzvorrichtungen verstümmelt und in Stücke gerissen werden. Die besitzende Classe hat kein Recht, sich über die Dynamitanschläge zu entrüsten.

Die Sozialisten bekämpften den Anarchismus, besonders den praktischen Anarchismus, die Propaganda der That, mit Fug und Recht – und auch mit mehr Erfolg, als die besitzende Classe -, deshalb,weil der Anarchismus der besitzlosen Classe, dem Proletariate, nichts nützen kann, im Gegentheil, die Errichtung seines Endzieles, die Beseitigung der heutigen Gesellschaftszustände, hinausschieben könnte. Nicht umsonst wird das Lockspitzelthum in den verschiedenen Ländern gehätschelt und gepflegt!

Wir bekämpften die anarchistischen Attentate. Nicht als ob wir der Anwendung von Maßregeln irgend welcher Art erbleichen würden! Wir wissen, dass, wie Marx sagt, die Gewalt der Geburtshelfer jeder alten Gesellschaft ist, die mit einer neuen schwanger geht. Wenn die Spannkraft im Kessel allmählig größer und größer geworden ist, zersprengt sie denselben. Nicht aus Mittleid für die Bourgeoisie, nicht aus „moralischen“ oder „sittlichen“ Gründen sind wie gegen die Gewaltthätigkeit gegenüber einzelnen Personen, sondern weil dieselbe nichts nützt.

Die Vorgänge in Rußland haben dies bewiesen. Selbst in diesem Lande, wo die ganze Macht scheinbar in der Hand eines Einzigen liegt, hatten selbst erfolgreiche Anschläge nicht den erwarteten Sturz des Absolutismus zur Folge, sondern führten nur zur Vernichtung von Hunderten von Märthyrern. Die Macht lag eben in Wirklichkeit nicht in den Händen des Despoten, sondern der besitzenden Classe, und gegen die Organisation der einen Classe hilft nicht Dynamit, sondern nur die Organisation der unterdrückten Classe. Erst jetzt, wo sich die Unzufriedencheit der großen Masse des Volkes bemächtigt, wo die Arbeiter sich vereinigen, ist die Möglichkeit für den Sturz des Absolutismus gekommen.

Aehnlich ist es in den anderen Ländern. Es zeugt von einer kindlichen Unkenntnis der Gesellschaftszustände, wenn man vielleicht glaubt, durch ein Attentat auf einen Herrscher, einen Richter oder irgend eine Person die Herrschaft des Kapitals zu erschüttern. Der Kapitalismus zieht seine Kräfte aus tausenden von Wurzeln, und kann nur durch Untergraben des Bodens ausgehoben werden, nicht aber dadurch, daß man einige Blätter und Auswüchse abschneidet. Gegenüber der großartigen internationalen Organisation des Kapitals nützt nur die internationale Organisation der Arbeit.

Die Anarchisten glauben, durch die Attentate die Bourgeoisie einzuschüchtern. Im Gegentheil benützt die herrschende Classe jedes Attentat nur, um gegen die für sie viel gefährlichere Organisation der Arbeiter unter dem Beifall der indifferenten Masse Maßregeln zu treffen.

Unter dem Beifall der indifferenten Masse? Gewiß, so sehr es die Anarchisten bestreiten; die Attentate erfüllen nicht den Zweck, Propaganda für den Anarchismus zu machen.

Die Theorie der Propaganda der That geht dahin, daß der „revolutionäre Instinkt“ der Proletarier durch die Attentate geweckt und die Besitzlosen zu Anschlägen angeeifert werden. Gerade das Gegenteil tritt ein. Eine solche Erbitterung ergreift die grosse Masse des Volkes, dass die Regierungen leichtes Spiel mit der Ausnützung der Attentate zu ihren Gunsten haben. Besonders wenn das Attentat mißglückt, und nur unschuldige Leute, vielleicht selbst Proletarier, als Opfer fallen.

Die Herrschaft der besitzenden Classe wird durch die Anarchisten nicht im geringsten gefährdet, die Bourgeoisie wird nicht eingeschüchtert, die indifferente Masse wird gegen alle aufgestachelt, welche die bestehende Gesellschaft bekämpften – ganz nutzlos fallen die Opfer, brave Menschen, aber mit unklaren Köpfen, die der Sache des Proletariates sehr viel hätten nützen können, sterben auf dem Galgen oder in den Kellern – alles pour le roi de Prusse, für die Fortdauer der Herrschaft der Bourgeoisie.

Die Sozialdemokratie bekämpft den Anarchismus, nicht um sich bei der herrschenden Classe ein Bildchen einzulegen – noch mehr als die Anarchisten bekämpfen wir die Bourgeois – sondern deshalb, weil durch die Anarchisten die Agitation, die Organisation der besitzlosen Classe, beeinträchtigt wird, und die Aufklärung der Indifferenten, die Bereinigung der Aufgeklärten zu kampftüchtigen Truppen – das ist das Mittel, um dem Proletariat zum Siege zu verhelfen.

E. W. St.


AnschlägeTerrorVerkehrstote

  • Previous Schutzinsel Petersgasse/Eisteichgasse?4 Stunden ago

Schreibe einen Kommentar Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Neueste Beiträge

  • Terror
  • Schutzinsel Petersgasse/Eisteichgasse?
  • Kinder als Felsersatz in der Brandung?
  • Entbürokratisierung?
  • Bänke

Kategorien

  • Allgemein
  • Bim und Bus
  • Friedensgassse
  • Fuß- und Radwege
  • Schutzweg Schulzentrum St. Peter

Archive

  • Oktober 2025
  • August 2025
  • Juli 2025
  • Juni 2025
  • Mai 2025
  • April 2025
  • März 2025
  • Januar 2025
  • November 2024
  • September 2024
  • Juni 2024
  • Februar 2024
  • Januar 2024
  • Dezember 2023
  • November 2023
  • September 2023
  • August 2023
  • Juli 2023
  • Juni 2023
  • Mai 2023
  • März 2023
  • Februar 2023
  • Januar 2023
  • Dezember 2022
  • November 2022
  • Oktober 2022
  • August 2022
  • Juni 2022
  • Mai 2022
  • April 2022
  • März 2022
  • Februar 2022
  • Januar 2022
  • Dezember 2021
  • September 2021
  • August 2021
  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • Februar 2021
  • Dezember 2020
  • August 2020
  • Juni 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • August 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Januar 2019
  • Oktober 2018
  • Juli 2018
  • Dezember 2017
  • Oktober 2017
  • Juli 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • April 2016
  • Juni 2015
  • April 2015
  • April 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
2025 Zu Fuß in Graz. Donna Theme powered by WordPress