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Ruckerlberg

by Erwin Lauppert Dezember 6, 2020 1 Comment

„Zur Verkehrsdebatte Ruckerlberg: Eine Anrainerin forderte mit Recht Sicherheit für Fußgänger. Wie wäre es mit Gehsteigen? Statt  entferntere Nachbarn mit den Autos zu beglücken. Hätten Stadtplanung und Stadtpolitik früher mit mehr Weit- und weniger Nahblick agiert, hätte die Stadt  in vielen Fällen den Hausbauern schon damals die unentgeltliche Abtretung der Gehsteigflächen und sogar die Errichtung von Gehsteigen vorschreiben können. Ich glaube, kein Gesetz verbietet es Anrainern auch heute noch einen etwa benötigten Grundstreifen kostenlos der Gemeinde zu  überlassen.“ (Aus einem Leserbrief an eine Grazer Zeitung)

Vor kurzem hatte unsere  kommunistische Verkehrsstadträtin eine alte Forderung  von Ruckerlberg-Initiativen  auf Sperre für den Durchzugsverkehr in leicht klassenkämpferischem Tonfall abgelehnt. Das  hat die Debatte zum  Thema Verkehrsberuhigung wiede belebt.


Zur Information für Ortsfremde:  Der Ruckerlberg ist ein langgezogener  Hügel  im Osten  von Graz, der sich zwischen zwei im letzten Jahrhundert gewachsenen  Stadtviertel schiebt. 
Er war bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts nur wenig bebaut, einige eher  herrschaftliche Villen, etliche Kleinbauten, ein paar ärmliche  kleinbäuertliche Behausungen und Ausflugsgasthäuser. An schönen Sonntagen promenierten dort Scharen von Fußgängern, im Winter tummelten  sich zahlreiche Kinder mit ihren Wintersportgeräten  auf den verschneiten noch großteils unverbauten Hängen. Sie konnten mit Ski und Rodel die steile Ruckerlberggasse hinunter in die Ebene  bis zum Schillerplatz gleiten.


Jetzt gibt es keinen Schnee mehr, dafür  überall Eigenheime,  auch Mehrfamilienhäuser schieben sich langsam heran  – und es gibt Autos, PKW der Bergbewohner – zu Fuß wäre es beschwerlich – und der Leute von anderswo, die lieber über den Berg als auf überfüllten Straßen rund herum herum zu fahren.  Und die werden mehr, da es Brauch ist, Baubewilligungen zu erteilen, ohne viel auf die Straßenkapazität zu achten.
Für Stadtverhältnisse ist der Verkehr immer noch  mäßig, doch die Straßen sind  meist schmal und  ohne Gehsteig.


Verständlich, dass da die  da oben den Verkehr gern an die  unten abschieben möchten. Dort gäbe schon so viel Verkehr, da komme es auf einen Schippel mehr oder weniger auch nicht mehr an.
Ein Zyniker fügte vielleicht bei, die Unbill für die unten sei schließlich endenwollend, im Abgasdunst sterbe man ja früher. Die unten finden das Argument wenig trostreich, sie erstickten schon im Verkehr, es sei genug, auch bei ihnen sei es einmal ruhig gewesen, ihr Ragnitz zum Beispiel, nördlich des Berges,  ein liebliches  friedliches Tal gewesen. Ihr oben müsst vielleicht, wenn ein Fahrzeug kommt, am Straßenrand gehen, wir unten müssen froh sein, wenigstens auf Umwegen über die Straße zu kommen. So wogt der Streit.


An sich wäre ja das stadtplanerische Konzept, den Durchzugsverkehr auf ein paar Hauptstraßen zu konzentrieren, und die umliegenden Wohngebiete zu befrieden, ein durchaus plausibles, verbände man es mit einem  echten  Lastenausgleich. Doch davon ist nichts zu merken.
Autos herumschieben heißt ja Lebensqualität und  auch materielles   Vermögen der einen Seite wegnehmen, der anderen zuschieben. Grundpreise steigen und fallen je nachdem. Nährboden für Korruption.


Manche Straßen mag das Leid, Hauptverkehrsader zu werden, topografisch unvermeidlich ereilen. Bei anderen kann der Eindruck von Zufall oder Willkür entstehen. Die Politik hat in Graz  keinen Ostgürtel zusammen gebracht und den Inneren Südgürtel einen Stumpf sein lassen. So flutet der Verkehr halt durch einst ruhigen Nebenstraßen. Die Bergmanngasse, um nur ein Beispiel zu nennen, eine stille Gasse in einem sogenannt besseren Viertel, wurde von den Stadtgewaltigen eines Tages zu einem Stück Ostgürtel ernannt. Jahrelang hingen an den Häusern die Protesttransparente der geplagten Bewohner, bis sie schließlich resignierten.
Von Lastenausgleich ist wie gesagt keine Rede. Manche gewinnen, andere kommen im wahrsten Sinn des Wortes unter die Räder.
Ein  älteres Haus mit Garten war dem  Äußern Südgürtel im Weg. Der Inhaber wurde vertrieben. Er hätte für den Verlust von Heim und Garten  fast noch 10.000 € zahlen sollen. Die einfache Rechnung:  1.000 m2 Grund zu 10 € (Grund durch Straßennähe entwertet; Grundstücke kosteten in der Gegend sonst 150 -200 €/m2); das immer noch wohnliche Haus wurde als abbruchreif deklariert, Abbruch- und Entsorgungskosten 20.000 €, macht minus 10.000 Euro. Die verlangte die Obrigkeit dann doch nicht. Das war nett.

E.L.

Foto: Clemens Stockner (https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Ruckerlberg_01.jpg)

DurchzugsstraßenVerkehrsberuhigungWohnviertel

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  1. Susanne Bauer sagt:
    21. Dezember 2022 um 19:37 Uhr

    Einst als Wanderweg ausgewiesen ist der Kaiserwaldweg jetzt eine Durchzugsstrasse. Kein Gehsteig keine Abtrennung für Fußgänger macht hier einen Fußmarsch zum lebensgefährlichen Spaziergang. Die 30 iger Beschränkung wird hier ignoriert und man glaubt fast , dass die Autofahrer beinahe Angst haben, dass ihre fahrbaren Untersätze die Bergwertung nicht schaffen und sie deshalb anständig ins Gas treten müssen. Die Kurven werden geschnitten und als Fußgänger wird man angehubt. Das Rinnsal muss hier reichen wenn man zu Fuß unterwegs ist.

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