„Zur Verkehrsdebatte Ruckerlberg: Eine Anrainerin forderte mit Recht Sicherheit für Fußgänger. Wie wäre es mit Gehsteigen? Statt entferntere Nachbarn mit den Autos zu beglücken. Hätten Stadtplanung und Stadtpolitik früher mit mehr Weit- und weniger Nahblick agiert, hätte die Stadt in vielen Fällen den Hausbauern schon damals die unentgeltliche Abtretung der Gehsteigflächen und sogar die Errichtung von Gehsteigen vorschreiben können. Ich glaube, kein Gesetz verbietet es Anrainern auch heute noch einen etwa benötigten Grundstreifen kostenlos der Gemeinde zu überlassen.“ (Aus einem Leserbrief an eine Grazer Zeitung)
Vor kurzem hatte unsere kommunistische Verkehrsstadträtin eine alte Forderung von Ruckerlberg-Initiativen auf Sperre für den Durchzugsverkehr in leicht klassenkämpferischem Tonfall abgelehnt. Das hat die Debatte zum Thema Verkehrsberuhigung wiede belebt.
Zur Information für Ortsfremde: Der Ruckerlberg ist ein langgezogener Hügel im Osten von Graz, der sich zwischen zwei im letzten Jahrhundert gewachsenen Stadtviertel schiebt.
Er war bis in die Mitte des vergangenen Jahrhunderts nur wenig bebaut, einige eher herrschaftliche Villen, etliche Kleinbauten, ein paar ärmliche kleinbäuertliche Behausungen und Ausflugsgasthäuser. An schönen Sonntagen promenierten dort Scharen von Fußgängern, im Winter tummelten sich zahlreiche Kinder mit ihren Wintersportgeräten auf den verschneiten noch großteils unverbauten Hängen. Sie konnten mit Ski und Rodel die steile Ruckerlberggasse hinunter in die Ebene bis zum Schillerplatz gleiten.
Jetzt gibt es keinen Schnee mehr, dafür überall Eigenheime, auch Mehrfamilienhäuser schieben sich langsam heran – und es gibt Autos, PKW der Bergbewohner – zu Fuß wäre es beschwerlich – und der Leute von anderswo, die lieber über den Berg als auf überfüllten Straßen rund herum herum zu fahren. Und die werden mehr, da es Brauch ist, Baubewilligungen zu erteilen, ohne viel auf die Straßenkapazität zu achten.
Für Stadtverhältnisse ist der Verkehr immer noch mäßig, doch die Straßen sind meist schmal und ohne Gehsteig.
Verständlich, dass da die da oben den Verkehr gern an die unten abschieben möchten. Dort gäbe schon so viel Verkehr, da komme es auf einen Schippel mehr oder weniger auch nicht mehr an.
Ein Zyniker fügte vielleicht bei, die Unbill für die unten sei schließlich endenwollend, im Abgasdunst sterbe man ja früher. Die unten finden das Argument wenig trostreich, sie erstickten schon im Verkehr, es sei genug, auch bei ihnen sei es einmal ruhig gewesen, ihr Ragnitz zum Beispiel, nördlich des Berges, ein liebliches friedliches Tal gewesen. Ihr oben müsst vielleicht, wenn ein Fahrzeug kommt, am Straßenrand gehen, wir unten müssen froh sein, wenigstens auf Umwegen über die Straße zu kommen. So wogt der Streit.
An sich wäre ja das stadtplanerische Konzept, den Durchzugsverkehr auf ein paar Hauptstraßen zu konzentrieren, und die umliegenden Wohngebiete zu befrieden, ein durchaus plausibles, verbände man es mit einem echten Lastenausgleich. Doch davon ist nichts zu merken.
Autos herumschieben heißt ja Lebensqualität und auch materielles Vermögen der einen Seite wegnehmen, der anderen zuschieben. Grundpreise steigen und fallen je nachdem. Nährboden für Korruption.
Manche Straßen mag das Leid, Hauptverkehrsader zu werden, topografisch unvermeidlich ereilen. Bei anderen kann der Eindruck von Zufall oder Willkür entstehen. Die Politik hat in Graz keinen Ostgürtel zusammen gebracht und den Inneren Südgürtel einen Stumpf sein lassen. So flutet der Verkehr halt durch einst ruhigen Nebenstraßen. Die Bergmanngasse, um nur ein Beispiel zu nennen, eine stille Gasse in einem sogenannt besseren Viertel, wurde von den Stadtgewaltigen eines Tages zu einem Stück Ostgürtel ernannt. Jahrelang hingen an den Häusern die Protesttransparente der geplagten Bewohner, bis sie schließlich resignierten.
Von Lastenausgleich ist wie gesagt keine Rede. Manche gewinnen, andere kommen im wahrsten Sinn des Wortes unter die Räder.
Ein älteres Haus mit Garten war dem Äußern Südgürtel im Weg. Der Inhaber wurde vertrieben. Er hätte für den Verlust von Heim und Garten fast noch 10.000 € zahlen sollen. Die einfache Rechnung: 1.000 m2 Grund zu 10 € (Grund durch Straßennähe entwertet; Grundstücke kosteten in der Gegend sonst 150 -200 €/m2); das immer noch wohnliche Haus wurde als abbruchreif deklariert, Abbruch- und Entsorgungskosten 20.000 €, macht minus 10.000 Euro. Die verlangte die Obrigkeit dann doch nicht. Das war nett.
E.L.
Foto: Clemens Stockner (https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Ruckerlberg_01.jpg)
Einst als Wanderweg ausgewiesen ist der Kaiserwaldweg jetzt eine Durchzugsstrasse. Kein Gehsteig keine Abtrennung für Fußgänger macht hier einen Fußmarsch zum lebensgefährlichen Spaziergang. Die 30 iger Beschränkung wird hier ignoriert und man glaubt fast , dass die Autofahrer beinahe Angst haben, dass ihre fahrbaren Untersätze die Bergwertung nicht schaffen und sie deshalb anständig ins Gas treten müssen. Die Kurven werden geschnitten und als Fußgänger wird man angehubt. Das Rinnsal muss hier reichen wenn man zu Fuß unterwegs ist.