Zu unserem unter „Bahnübergänge“ wiedergegebenen Schreiben betreffend Eisenbahn – Fußgängerübergängen wurden wir aus dem Ministerium gefragt, welche Umwegstrecken wir für vertretbar halten. Unsere Antwort: Dazu zur Präzisierung unseres Anliegens: wir plädieren für kurze Wege für Fußgänger nicht für kurze Umwege. Fußgängerübergänge in Stadt und Dorf sollte nicht wegen überzogener Sicherheitsbedenken oder minimaler wirtschaftlicher Vorteile für die Bahn aufgelassen werden.
Wir haben wie angeregt die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zur Abstallerstraße gelesen und finden unsere ernsten Bedenken bestätigt. Im Bestreben eine geringe Gefahr zu eliminieren, werden neue Gefahren geschaffen, die Wirtschaft belastet und Menschen das Leben erschwert. Des Näheren:
Die Grundtendenz der Entscheidung: solche Übergänge, sind ein Sicherheitsrisiko und sollten daher wenn möglich aufgelassen werden. Wir bestreiten keineswegs, dass Bahnübergänge wie auch die Bahn an sich ein Sicherheitsrisiko sind. Das Marterl aus älterer Zeit und der vor wenigen Jahren verunglückte Linienbus an der benachbarten ampelgeregelten Kreuzung Grottenhofstraße beweisen es. Vor zehn Tagen haben beherzte Jugendliche an der nächsten Haltestelle Strassgang ein 14-jähriges Mädchen von den Gleisen gezogen.
Doch die entscheidende Frage ist doch wohl, wie hoch ist das Sicherheitsrisiko. Das Verkehrsministerium lässt mit seiner StVO Fußgänger Straßen mit 100 Km/h – Verkehr überqueren. Warum dort, bei der Bahn aber nicht? Wie viele Fußgängerunfälle hat es in den letzten fünf oder zehn Jahren an gleich gelagerten Fußgänger-Bahnübergängen (eingleisige Nebenbahn mit unbeschränkter Sicht) gegeben?
Laut Sachverständigengutachten sind auf Höhe der Abstallerstraße 100 Km/h zugelassen. Bei der hier gegebenen Sichtweite kann da ein Fußgänger auch bei einer Geschwindigkeit von nur 0,8 m/sec das Bahngleis gefahrlos überqueren. Warum dann die Vorschreibung einer Schrankenanlage, die vermutlich zum Auflassungsantrag führte?
Schnellbahnzüge fahren auf Höhe der Abstallerstraße nach unserer Schätzung kaum über 50 km/h. Nicht verwunderlich, weil die Haltestelle Wetzelsdorf nicht 300 m weiter nördlich liegt wie der Sachverständige angibt. Der Bahnsteig beginnt bereits rund 100 m nördlich der Abstallerstraße und wird oft voll ausgenutzt (zusammengekoppelte Züge Wies und Köflach).
Bleiben die sechs Güterzüge täglich von Belang. Ich kenne die einschlägigen Eisenbahnvorschriften nicht. Gestatten sie es, mit 100 km/h an einem Haufen auf dem Bahnsteig warten der Menschen vorbei zu brausen, nur durch einen gelben Strich getrennt?. Ich hätte da Bedenken. Geschwindigkeitsreduzierung auf 80 km/h bereits 100 m vor der Abstaller Straße würde etwa 2 Sekunden kosten, auf 60 etwa 5 Sekunden. Das Gericht meinte zum Argument Gefährdung auf der Grottenhofstraße, die Stadt könnte dort ja eine Geschwindigkeitsbeschränkung erlassen, ich nehme an von 50 auf 30 km/h. Das dürfte täglich schätzungsweise 20.000-40.000 Sekunden kosten. Um der Eisenbahn täglich zwölf oder 30 Sekunden zu ersparen. Absurdert geht es kaum mehr.
Das Gericht geht den Umweg betreffend von einer Gehgeschwindigkeit von fünf km/h aus – eine für Ältere und Behinderte diskriminierende Annahme. Es berücksichtigt auch nicht, dass längere Strecken für ältere Menschen an sich problematisch sind. Sie können zwar ein paar Meter wie einen Bahnübergang beschleunigt und aufmerksam passieren, längere Strecken packen aber viele nicht mehr und müssen auf Taxi oder sonstige entgeltliche Hilfen ausweichen, ein zusätzlicher wirtschaftlicher Nachteil.
Das Gericht fokussiert wie gesagt allein auf die Gefahrenquelle Übergang. Es beachtet nicht, dass auch Fußwege eine Gefahrenquelle darstellen. Die Aufmerksamkeit, die man gemeiniglich einem Bahnübergang widmet, kann eben auf längeren Strecken nicht durchgehalten werden. Stürze älterer Menschen passieren auch bei guten Wegverhältnissen und sind bei schlechter Witterung namentlich im Winter nicht selten. Je länger der Weg umso eher ein Unfall.
Die Entscheidung fußt sicher auf Gesetzestext und höchstrichterlicher Rechtsauslegung. Die sind aber einseitig Eisenbahn bezogen und berücksichtigen die allgemeine Gefahrenlage, die wirtschaftlichen Auswirkungen und die Auswirkungen auf die Menschen überhaupt nicht oder nicht ausreichend. Sie führen zu Ergebnissen, die von der Bevölkerung als Schikane empfunden werden. Eine entsprechende Normenänderung ist daher weiterhin unser Anliegen.“
Dieses Schreiben erging vor etwa vier Wochen an das Ministerium Gewessler. Antwort erhielten wir bislang keine. Doch hatte man uns zuvor versichert, unsere Anregungen würden bei der bevorstehenden Novellierung der Eisenbahnkreuzungsverordnung diskutiert. 5.8.2021
Team zu Fuß in Graz
„